Hätte nicht jeder gern mehr Selbstbewusstsein im Leben? Mehr Motivation? Mehr Bestätigung?

Der Philosoph Friedrich Nietzsche hatte einen Namen für dieses natürliche Bedürfnis nach Einfluss:

Er nannte es den „Wille zur Macht“.

Ich muss zugeben, dass ich mit Nietzsche bis jetzt wenig anfangen konnte. Aber ich habe jetzt einige Bücher von ihm gelesen. Und, ganz gleich was Andere darin lesen: Ich habe jedenfalls bei ihm einige überraschende Antworten gefunden.

Antworten, die wahrscheinlich auch mit deinem Leben zu tun haben.

Nietzsche spricht vom „Wille zur Macht“, und für ihn ist das das Zeichen des Lebendigseins überhaupt.

Er meint damit nicht, dass du andere Menschen dominieren willst. Das ist nicht die Art von „Macht“, von der er spricht. Es geht nicht darum, der nächste Führer zu sein.

Im Gegenteil:

Wer Macht über andere Menschen haben will, der ist, laut Nietzsche, auch bloß ein Schaf, wenn auch mit dicken Hörnern. Ob du oben in der Hierarchie stehst oder unten – du bist trotzdem nur ein Teil der Herde. Du bist Teil von etwas, aber du bist nichts Ganzes. Ein gezähmtes Menschlein bist du nur, ein kastrierter Hund. Und das macht dir zu schaffen.

Es macht dir zu schaffen, weil da immer noch etwas ist in dir, das Leben möchte.

Brav folgst du den anderen Schafen. Gibst dir alle Mühe, Dinge „richtig“ zu machen, Lob zu bekommen von anderen, und ein paar Groschen zugeworfen zu bekommen, die dir Bestätigung dafür sein sollen, dass du „gut genug“ bist, und dass andere dich schätzen.

Aber springst du morgens aus dem Bett für so ein Leben?

Fühlst du dich lebendig damit?

Der einzige Weg, wie viele Menschen diese Art von Existenz überstehen, ist durch ständige Ablenkung. Sie verlieren sich in gedankenloser Tätigkeit. Schauen Fernsehen. Prokrastinieren auf Facebook. Besaufen sich am Wochenende. Oder lassen sich einsaugen von den Problemchen ihrer Nächsten, vom Alarmton der Nachrichten, und von den immer neusten Verheißungen der Werbeleute.

Vorwärts zu schauen auf irgendeine Erlösung in der Zukunft — das ist das Einzige, was ihnen bleibt, um sich morgens aus dem Bett zu winden. Und wenn das nicht hilft, dann eben die Angst vor der Peitsche. Die Angst davor, den Anschluss zu verpassen, nicht mehr mithalten zu können, und unterzugehen.

Der Übermensch, bei Nietzsche, ist Einer, der aus dem Hamsterrad aussteigt.

Er findet seine eigenen Werte. Er wird sein eigener Herr.

Nietzsche:

„Dem wird befohlen, der sich nicht selber gehorchen kann.“

Sich selbst zu gehorchen. Auf sich selbst zu hören. Das ist, nach Nietzsche, der Weg ins wahre Leben.

Persönliche Freiheit zu erringen, das ist mehr, als nur „unabhängig“ zu werden.

Frei ist nicht, wer sich losgeschüttelt hat von dem, was die Anderen von ihm wollen.

Frei ist erst, wer seinen eigenen Daseinszweck gefunden hat. Wer weiß, was er will. Wer sich nicht richtet nach dem, was Andere für gut und richtig halten. Sondern wer sich seine eigenen Ziele im Leben gibt, und nach diesen Zielen lebt. Und zwar auch dann, wenn’s schwer ist.

Nietzsche:

„Frei nennst du dich? Deinen herrschenden Gedanken will ich hören und nicht, dass du einem Joche entronnen bist. […] Frei wovon? Was schiert das Zarathustra! Hell aber soll mir dein Auge künden: Frei wozu? Kannst du dir selber dein Böses und dein Gutes geben und deinen Willen über dich aufhängen wie ein Gesetz? Kannst du dir selber Richter sein und Rächer deines Gesetzes?“

Große Worte sind das.

Und du fragst dich wahrscheinlich, „Ja wo zum Teufel soll ich denn anfangen?“

Du fängst an im Kleinen.

Ich würde nicht empfehlen, dass du deinen Job hinschmeißt, dir ein klappriges Wohnmobil kaufst und durch Europa tourst, wandern gehst und fremde Städte kennenlernst. (Auch wenn ich jemanden kenne, der genau das gemacht hat.)

Die großen Weichstenstellungen im Leben, die kommen selten in Gestalt großer, radikaler Schritte.

Viel öfter kommen sie in den kleinen, unscheinbaren Momenten des Lebens.

Nietzsche:

„‚Freiheit‘ brüllt ihr Alle am liebsten: Aber ich verlernte den Glauben an ‚grosse Ereignisse‘, sobald viel Gebrüll und Rauch um sie herum ist.

Und glaube mir nur, Freund Höllenlärm! Die grössten Ereignisse – das sind nicht unsre lautesten, sondern unsre stillsten Stunden.“

Was könnten diese stillsten Stunden sein?

Es könnte der Moment sein, wo dir einfällt, deinen Vater anzurufen, aber du es nicht tust.

Es könnte der Moment sein, wo dein bester Freund etwas sagt, das dich ärgert, und du aber schweigst, um Konflikt aus dem Weg zu gehen.

Es könnte auch der Moment sein, wo dein Auge eine schöne Frau erblickt, und du, anstatt hinzugehen, errötend ihrem Blick ausweichst und tust, als gäbe es dich nicht.

Nietzsche:

„Oh meine Freunde! So spricht der Erkennende: Scham, Scham, Scham – das ist die Geschichte des Menschen!“

Sich zu schämen, sich zu verstecken, sich vor sich selbst zu drücken – das ist es, was wir alle viel zu viel getan haben. Es macht uns nicht glücklich, gibt uns keine Energie, und auch unseren Mitmenschen Leisten wir damit keinen Dienst.

Drum fang an, zu dir selber zu stehen!

Das ist nicht immer der einfachste Weg im Leben. Aber es ist der einzige, für den es sich lohnt, morgens aufzustehen.

Ein Bereich im Leben eines Mannes, wo das besonders wichtig ist, ist der Bereich „Frauen und Sexualität“.

Es bringt gar nichts, dass du nett bist zu deiner Arbeitskollegin, wenn nett sein alles ist, was du zu bieten hast.

Nietzsche:

„Wahrlich, ich lachte oft der Schwächlinge, welche sich gut glauben, weil sie lahme Tatzen haben!“

Starke Tatzen haben – das heißt, fähig sein, zu wissen was du willst, und es zu sagen und zu zeigen, auch wenn dir innerlich mulmig zumute ist dabei. Nicht sich zu drücken vor dem, was dir Angst macht. Sondern, im Gegenteil, das Gefühl der Angst selbst als ein Zeichen dafür zu sehen, dass das, vor dem du da gerade Angst hast, wahrscheinlich wichtig ist.

Und das ist die wichtige Einsicht hier:

Es geht nicht um die Frau.

Es geht NIE um die Frau.

Sondern es geht immer um dich selbst. Bist du dir selber treu, oder bist du es nicht? Zeigst du dich, oder versteckst du dich? Hörst du auf das, was dein eigenes Leben dir zuruft, oder fürchtest du dich so sehr davor, dass jemand die Nase rümpfen könnte über dich, dass du lieber in stiller Unterdrückung vor dich hinschleichst und deine Zeit vertust?

Wie viel „Wille zur Macht“ du auslebst, das ist gleichzeitig wie lebendig du bist als Mann.

Es geht nicht darum, Andere zu beherrschen, sondern es geht darum, dich selbst zu beherrschen.

Deshalb ist die Frage auch nie, „Wie kriege ich die Frau rum?“. So lange du diese Frage stellst, so lange bist du immer noch das Schaf. Du bist immer noch orientiert an deiner Herde. Du suchst immer noch bei ihr, was es nur bei dir selbst zu finden gibt.

Der Weg des Mannes, das ist nicht der Weg des kleinen Jungen zurück in Mamas Arme. Sondern der Weg des Mannes – das ist der Weg der Selbstbeherrschung.

In diesem Sinne wünsche ich dir eine schöne Woche.

Sei dir selber treu!

Liebe Grüße,
Dein Leo