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„Ich kann’s nicht mehr“: Beziehungen mit depressivem Partner

Geschrieben von Leonard Baumgardt am in Artikel

Leserfrage, von vielen Leuten gestellt: ich habe ein riesen Problem, wie meistert man eine Beziehung mit einem psychisch kranken bzw. depressiven Partner?

Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung, ich habe nie einen psychisch kranken Partner gehabt, und ich halte mich sogar bewusst fern von diesen.

Das soll jetzt nicht heißen, dass ich etwas gegen psychisch kranke Partner hätte. Ich habe nur die egoistische Einstellung, dass für mich Beziehungen dafür da sind, dass ich Freude habe am Leben. Ich verstehe total, dass gerade depressive Menschen Hilfe brauchen. Aber ich würde das – für mich gesehen – nicht innerhalb einer Beziehung machen. Ich würde mich nicht an jemanden ketten, binden, auf jemanden einlassen und jemanden zu meinem Lebensmittelpunkt machen, von dem ich weiß, dass er das Leben als etwas Schlechtes sieht, dass er in einem Geisteszustand ist, wo er den Eindruck hat, dass das Leben gegen ihn ist. Denn die Leute, mit denen du dich umgibst, mit denen du viel Zeit verbringst, die haben Einfluss auf dich – egal, ob du das willst oder nicht.

Das heißt, du kannst noch so clever sein und noch so viel Selbsthilfe-Literatur lesen und noch so viele Videos von mir gucken und denken, dass die Welt eigentlich ganz cool ist, aber wenn du viel Zeit mit so jemanden verbringst, wird er ein Teil von dir, und ein Teil seines Denkens wird in dich übergehen. Deswegen halte ich mich persönlich fern von solchen Menschen. Wenn du so jemandem helfen willst: Hey, das ist eine edle Sache, finde ich toll. Ich persönlich kann dazu nichts sagen, weil ich so jemanden nicht in meinem Freundeskreis habe.

Meine Empfehlung wäre:

Wenn das Ganze für dich problematisch ist, wenn sich das Ganze nicht gut anfühlt für dich, wenn das Ganze keine Lösung ist für dich, wenn das Ganze keine Freude in dein Leben bringt, sondern mehr eine Baustelle ist, wo du das Gefühl hast, dass du dran arbeiten musst, und dass es schwierig ist, dass es sich nicht gut anfühlt, dass du quasi nur aus Pflichtgefühl mit der Person zusammen bist oder aus schlechtem Gewissen, die Person „zu verlassen“, dann bist du sowieso aus den falschen Gründen mit der Person zusammen.

Ich sage sage „verlassen“ in Anführungszeichen, denn:

Du bist nicht Eigentum dieser anderen Person. Du schuldest der anderen Person nichts. Und auch das bedeutet wieder nicht, dass du der Person nicht helfen sollst. Es bedeutet nur, dass es vollkommen okay ist, wenn du keine feste Beziehung mit einem solchen Menschen lebst, wenn dich diese Beziehung nicht wirklich ehrlich, authentisch glücklich macht von innen. Und das scheint nicht der Fall zu sein. Um mit jemand zusammen zu sein, der dich nicht glücklich macht, und wo du das Zusammensein nicht genießt, damit tust du der anderen Person keinen Gefallen. Sondern ganz im Gegenteil: die andere Person merkt, dass du mit ihr zusammen bist nur aus Mitleid, und dass es dich eigentlich unglücklich macht.

Das heißt damit fühlt sich die andere Person noch depressiver, weil sie genau merkt, dass sie nicht nur ihr Leben miserabler macht, sondern auch noch deines. Das heißt Helfen ist die eine Sache, aber das kannst du auch als Freund, auf freundschaftlicher Basis machen. Und da kannst du es wahrscheinlich viel besser machen als innerhalb einer Beziehung. Auf jeden Fall: wenn sich die Beziehung nicht richtig anfühlt für dich, wenn du unglücklich bist damit, wenn sie keine Freude in dein Leben rein bringt, dann ist es keine Liebe, was da zwischen euch existiert – dann ist es in dem Sinne auch keine Beziehung. Das heißt auf jeden Fall wäre mein Rat hier, sich aus einer solchen Beziehung zu lösen, diese Beziehung nicht als Beziehung fortzuführen, sondern dafür zu sorgen, dass man dem anderen zwar hilft, den anderen unterstützt, aber auf freundschaftlicher Basis und gleichzeitig für sich eine Quelle oder einen Partner sucht, mit dem man sich versteht und wo man Freude mit einander hat.

Denn solange du das nicht hast – solange du nicht Freude in deinem eigenen Leben hast – dann hast du auch nichts, was du jemand anderem geben kannst, womit du jemand anderem helfen kannst. Das heißt am Ende hilfst du deinem depressiven Partner damit, wenn du dich zu allererst um deine eigene Glückseligkeit kümmerst. Das ist nicht egoistisch. Oder doch, es ist egoistisch – aber nicht auf böse Art egoistisch. Es ist nicht so, dass du dem Anderen damit etwas wegnimmst, sondern im Gegenteil: Du schaffst damit ein Asset, einen Wertgegenstand. Du baust damit etwas auf, nämlich Glückseligkeit in dir selber und Energie und Freude und Liebe für das Leben, was du dann mit ihm teilen kannst, und wo du dann ihm etwas davon abgeben und ihn damit inspirieren kannst. Aber dazu bist du nicht in der Lage, wenn du dein Leben im Augenblick auf Pause stellst für diese andere Person und selber unglücklich wirst. Dann sind es nämlich zwei Leute, die depressiv sind.

Ich hoffe, die Antwort hilft allen Leuten, die diese Frage gestellt haben.

(Dieser Artikel ist ein Auszug aus Leo’s wöchentlichem Newsletter.)

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